Liest man aufmerksam den fast 40 Seiten umfassenden Bericht, so gibt es darin keinerlei Hinweise, dass gerade das Regime des Präsidenten Baschar al-Assad die Opposition und die Zivilbevölkerung einem Giftgasangriff ausgesetzt hat. Dafür aber enthält der Bericht Tatsachen, die aufmerken lassen. Die UN-Experten wiederholen dort auf mehreren Seiten ein und denselben Gedanken: Man habe sie an einen von vielen Leuten zertrampelten Ort gebracht, wo es bereits unmöglich gewesen sei, die Tatbestände glaubwürdig nachzuweisen.
Die UN-Experten ziehen ihre Schlussfolgerungen keinesfalls zugunsten der Version, dass das Assad-Regime die Schuld trage. Sie schreiben: „Die ganze Zeit, solange wir uns am Untersuchungsort befanden, kamen irgendwelche Leute dorthin und brachten neue Beweise. Das zwingt zur Vermutung, dass die Tatbeweise von Ort zu Ort gebracht wurden, und man wahrscheinlich mit ihnen manipuliert hat.“
Der Generalsekretär der Uno, Ban Ki Moon, zog, als er diesen Bericht vorstellte, ebenfalls keine eindeutigen Schlussfolgerungen. Er bezeichnete den Einsatz von C-Waffen lediglich als ein „Kriegsverbrechen“.
„Die Aufgabe der Sellström-Mission (Chef der UN-Expertengruppe ist der schwedische Wissenschaftler Professor Ake Sellström) war es festzustellen, ob und in welchem Umfang C-Waffen eingesetzt wurden, nicht aber, wer sie eingesetzt hatte. Ich kann nur sagen, dass das ein ernsthaftes Verbrechen war.“
Die Experten der Organisation für das C-Waffen-Verbot und der Weltgesundheitsorganisation führten ihre Untersuchung seit dem 26. August durch. Unter anderem stellten sie fest, dass zum Beschuss Geschosse des ehemaligen sowjetischen reaktiven Geschosswerfers RPU-14 genutzt wurden. Syrien hatte derartige Waffensysteme nur bis zum Jahr 1969 erhalten, und sie alle gehören schon lange nicht mehr zur Bewaffnung. Dafür aber befinden sie sich – nach Angaben aus dem Jahren 2010 – in Afghanistan, Ägypten und im Jemen noch immer in der Bewaffnung. In all diesen Ländern existieren aktive Formationen von Al-Qaida, von denen ein Teil in Syrien kämpft. Demnach war es für sie nicht schwer, als Beweisstücke derartige Geschosse dorthin zu bringen.
Russland forderte in diesem Zusammenhang noch einmal seine Partner bei der Vorbereitung einer neuen Syrien-Konferenz auf, keine voreiligen Schlüsse zu ziehen und sich auf das Problem zu konzentrieren, die C-Waffen in Syrien unter internationale Kontrolle zu stellen.
In Moskau äußerte sich nach dem Treffen mit dem Außenminister Ägyptens der Chef des russischen Außenministeriums, Sergej Lawrow.
„Wir müssen begreifen: Wenn wir das Problem der Liquidierung der C-Waffen in Syrien lösen wollen, so öffnet der russisch-amerikanische Fahrplan hierzu einen realen, professionellen, konkreten und praktischen Weg. Wenn es aber für manchen wichtiger ist, ständig zu drohen, einzuschüchtern, einen Vorwand für Schläge zu suchen, so ist das ein Weg, um den unversöhnlichen Opponenten des Regimes zu sagen, dass man von ihnen neue Provokationen erwarte. Das ist noch ein weiterer Weg zur endgültigen Untergrabung der Perspektiven für die Einberufung der zweiten Genfer Konferenz.“"